Medion GoPal S3857

Das Discounter GPS – Medion GoPal S3857

Medion hat noch kurz vor Weihnachten ein GPS Gerät auf den Markt geworfen. Scheinbar ist der Produktmanager dazu genötigt worden. Denn: Rein von der Hardware her macht das Gerät einen guten Eindruck. Softwaretechnisch läuft jedoch nicht viel – im wahrsten Sinne des Wortes. Marko Reichelt war mit dem GPS-Newcomer ausgiebig cachen. Hier lest ihr sein enttäuschtes Urteil.

Als Medion auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) im September 2011 erstmals einen Outdoor GPS-Empfänger vorstellte, war die Resonanz in der Geocaching Community groß.
Nach Stagnation im Bereich der mobilen KFZ-Navis scheinen immer mehr Hersteller den wachsenden Ourdoor-Markt ins Visier zu nehmen, denn wenig später hat auch Falk ein erstes Handgerät für Outdoor-Sportler und Geocacher vorgestellt.

Nachdem die Liefertermine des neuen Medion GoPal S3857 immer wieder verschoben wurden, hatten wir nun endlich die Möglichkeit, uns den neuen Herausforderer genauer anzusehen. Ob Medion mit dem gerade einmal 179 Euro teuren Gerät der große Wurf gelungen ist, oder sich Garmin & Co vorerst keine Sorgen machen müssen, erfahrt Ihr in diesem Test.

Medion GoPal S3857Der erste Eindruck nach dem Öffnen der Verpackung stimmt positiv, denn neben den üblichen Anleitungen und Ladekabel liegt auch eine für Fahrräder und Motorradlenker passende Halterung bei. Und auch der 2. Eindruck ist nicht weniger positiv, denn das Gerät ist ein wahrer Handschmeichler, es ist sehr handlich (12 x 7 x 1,9 cm) und liegt dank der SoftGrip-Oberfläche hervorragend in der Hand. Diese Handlichkeit erreicht man durch den Verzicht auf die sonst üblichen AA-Akkus. Medion verwendet hier einen Lithium-Ionen Akku, der eine Gehäusetiefe von nur 19 mm erlaubt. Zum Vergleich – das Garmin Oregon 450 ist mit 35 mm fast doppelt so dick. Auch das Gewicht von gerade einmal 148 Gramm trägt zur positiven Haptik bei – auch wenn man auf Grund des geringen Gewichts das Gefühl bekommen kann, dass das Gerät nicht so robust wie seine Konkurrenten ist. Da das GoPal S3857 aber IPX7 zertifiziert ist, dürfte sich dieser Eindruck im harten Alltagsgebrauch nicht bestätigen.

Die Hardware-Ausstattung kann sich für ein Gerät dieser Preisklasse durchaus sehen lassen. Im Inneren arbeitet ein 400 MHz Prozessor der Firma Samsung, außerdem wurden 128 MB RAM und ein interner Speicher von 8 GB verbaut. Eine Erweiterung der Speicherkapazität durch microSD Karten ist allerdings nicht vorgesehen. Ein SiRFStarIII™ GPS Empfänger sorgt auch bei schlechten Empfangsbedingungen für eine gute Signalqualität. Auch das 3 Zoll große transreflektive Touchscreen-Display kann man durchaus zu den Stärken des Gerätes zählen. Es bietet eine Auflösung von 240 x 400 Pixeln und ist auch bei direkter Sonneneinstrahlung noch gut ablesbar. Die Helligkeit ist in 6 Stufen einstellbar und auch der Druckpunkt des Touchscreens kann überzeugen. Das Gerät wird im übrigen komplett über den Touchscreen gesteuert. Mit dem An/Aus-Schalter gibt es gerade einmal eine einzige Hardwaretaste am Gerät.

Der verwendete, fest eingebaute Lithium-Ionen Akku wurde schnell nach der Vorstellung des Geräts zum Kritikpunkt. Gerade Geocacher schätzen die Flexibilität, die auswechselbare AA-Batterien/Akkus bieten. Diese führen die meisten ja für Lampen und andere Ausrüstungsgegenstände eh oft in ausreichend großer Stückzahl mit und im größten Notfall wird man an der nächsten Tankstelle fündig. Medion hat sich für den Li-Ionen Akku sicher auch deshalb entschieden, um beim Gerätedesign flexibler zu sein – zweifelsfrei hat man dadurch ein sehr handliches und leichtes Gerät konstruieren können. Medion selber gibt die Akkulaufzeit des Gerätes mit 8 Stunden an. Diesen Wert erreichten wir im Test auch bei maximaler Helligkeit, Trackaufzeichnung und ständiger Navigation. Bei sparsamerer Beleuchtung und Erhöhung des Trackaufzeichnung-Intervalls auf 5 Sekunden erreichten wir auch Laufzeiten von 10 bis 12 Stunden. Das ist durchaus beachtlich – zusätzliche Flexibilität
erreicht man durch den Einsatz eines mobilen Akku-Packs.

Medion GoPal S3857Nachdem wir die Hardware des GoPal genauer betrachtet haben, können wir also ein positives Zwischenfazit ziehen. Das Gerät weiß durch Handlichkeit und gute Hardwareausstattung zu überzeugen. Ob man letztlich auf die Möglichkeit des Einsatzes von AA-Akkus und die Erweiterbarkeit des Speichers verzichten kann, muss jeder Nutzer für sich selbst entscheiden. Zumindest letzteres ist auch bei den Konkurrenten von Garmin und Magellan in dieser Preisklasse nicht üblich. Mit 8 GB internem Speicher ist das Medion-Gerät hier sogar führend.

Doch Hardware ist immer nur so gut wie die installierte Software – gerade bei komplexen Geräten wie GPS-Empfängern ist die Software sehr wichtig. Gerade bei den Geräten der Firma Garmin kann man gut nachvollziehen, wie lange die Entwicklung einer guten Software dauert. Die aktuellen Versionen der beispielsweise auf den Oregon-Geräten installierten Software, ist nicht mehr vergleichbar mit den Versionen vor zwei Jahren. So war von Anfang an eine gewisse Skepsis vorhanden und bei einem ersten Test Ende Dezember bestätigten sich die schlimmsten Befürchtungen.
So war es mit der mitgelieferten Software GoPalAssistant nicht möglich eine Verbindung zum Medion-Server herzustellen, denn nur auf diesem Wege lässt sich der mitgelieferte Gutschein für einen Topo-Kartenausschnitt einlösen. Der Kontakt zur Hotline, die zudem nur über eine relativ teure 01805-Nummer erreichbar ist, half auch nicht weiter. Hatte man einmal nach 10 oder 20 Minuten Wartezeit einen Mitarbeiter am anderen Ende, so waren die Antworten wenig hilfreich bis unverschämt. Beste Auskunft der Hotline: Man könne sich ja auch andere Karten aus anderen Quellen im Internet herunterladen.

Ende Dezember 2011 besserte sich dies dann mit einem Update der Software. Fortan war es auch möglich, den Gutschein für den gewünschten Topokarten-Ausschnitt einzulösen. Auf dem Gerät ist bereits eine OSM-Europakarte vorinstalliert. Das Kartenmaterial ist routingfähig und die Kartendarstellung wirkt sehr aufgeräumt. Ebenfalls vorinstalliert ist eine topografische Karte des „Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie“ (BKG) im Maßstab 1:100.000. Bei größeren Zoomstufen wird diese Karte aber sehr unscharf. BKG-Karten mit höherer Auflösung (1:25.000), die über den kostenlos wählbaren Ausschnitt hinausgehen, können bei Medion käuflich erworben werden.
Für den kompletten Start des Gerätes ergehen knappe 30 Sekunden, dieser ist in der Regel aber nur nach Softwareupdates oder einem vollständig entleerten Akku nötig. Normalerweise verabschiedet sich das Gerät nach dem Ausschalten nur in einen Deep-Standby-Modus aus dem es in wenigen Sekunden auch wieder erwacht. Der GPS-Fix nach solch einem Deep-Standby geht ebenfalls binnen weniger Sekunden vonstatten. Das Hauptmenü des Gerätes wirkt klar strukturiert und auch der Neueinsteiger wird sich hier ohne Bedienungsanleitung schnell zurechtfinden. Das Hauptmenü beinhaltet lediglich die Punkte „Ziele & Wege“, „Karte“, „Extras“ und „Einstellungen.“ Die Geocaching-Funktionen „verstecken“ sich unter dem Menüpunkt „Ziele und Wege.“ Da geocaching. com das Gerät derzeit noch nicht erkennt, steht die „Send to GPS“ Funktion nicht zur Verfügung. Geocaches landen also ausschließlich über das manuelle Kopieren einer entsprechenden GPX-Datei auf das Gerät.

Die Geocaching-Funktionen des Gerätes entsprechen dabei dem „Nötigsten“ – es werden die Beschreibungen, Hints und wichtigen Infos angezeigt, die Navigation zum
Cache erfolgt dann via Karten- oder Kompass-Ansicht. Auch das Markieren eines Caches als „Gefunden“ ist möglich. Auch wenn sich das Gerät dank dieser „Basics“ durchaus für das „paperless Caching“ eignet, wäre hier Nachbesserung seitens Medion wünschenswert. So fehlen z.B. umfassende Filter- und Suchmöglichkeiten; von der Anzeige von Spoilerbildern ganz zu schweigen. Allerdings ist dies auch ein Feature, mit dem andere Hersteller so ihre Probleme haben und nicht zuletzt ist daran auch Groundspeak nicht ganz unschuldig.

Man muss es Medion zugute halten: Momentan erscheinen in relativ kurzen Abständen neue Softwareversionen und das Gerät wird so Schritt-für-Schritt brauchbarer. Hier kommen wir aber auch gleich zum nächsten gravierenden Nachteil, denn für die Installation von Softwareupdates und neuen Karten ist unbedingt die Medion-Software GoPal Assistant notwendig. Diese existiert aber lediglich in einer Windows-Version. Mac- & Linux-User bleiben also außen vor. Unsere Anfrage, ob und wann es entsprechende Software-Versionen geben würde, blieb gänzlich unbeantwortet.

Ebenfalls ein derzeit großes Manko ist die Arbeitsgeschwindigkeit. Eigentlich sollte der 400 MHz Prozessor eine flüssige Arbeitsgeschwindigkeit und schnelle Kartendarstellung ermöglichen, denn schließlich verwenden auch Garmin und Magellan in ihren Spitzenmodellen kaum schnellere Hardware. Leider ist dem nicht so und das Gerät genehmigt sich des öfteren bei verschiedensten Aktionen sekundenlange Denkpausen. Löscht man eine der beiden vorinstallierten Karten, wirkt sich dies zwar positiv auf die Arbeitsgeschwindigkeit aus, aber richtig flüssig läuft das GoPal S3857 auch dann nicht. Es hat also ganz den Eindruck, als ob der Kunde hier noch Tester einer unfertigen Beta-Software ist.

Fazit

Das Gerät bietet hervorragende Grundeigenschaften um den Markt der Outdoor-GPS-Empfänger aufzumischen. Bei der Hardware hat man auf hochwertige Komponenten gesetzt, so dass das Gerät selbst den doppelt so teuren Mitbewerbern in vielen Punkten ebenbürtig ist. Doch die beste Hardware nützt nichts, wenn man eine instabile, unfertige und vor allem langsame Software auf den Endverbraucher loslässt.
Mit den bisher erschienen Updates ist zwar ein positiver Trend erkennbar aber momentan können wir für das Medion GoPal S3857 noch keine Kaufempfehlung aussprechen.

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