Premium-GPS von Magellan
Pünktlich zum Frühjahr bringt Magellan mit den Modellen 510, 610 und 710 weitere Vertreter der neuen eXplorist-Serie auf den europäischen Markt. Markus Gründel hat das Topmodell 710 genauer unter die Lupe genommen. Wie sein Utreil ausfällt könnt ihr auf den folgenden Seiten lesen. So viel vorweg: Die Kalifornier haben sich dieses Mal mächtig angestrengt.
Optisch haben die neuen Magellan-Geräte das gleiche Design wie das im letzten Heft vorgestellte GC, sind jedoch eine Nummer größer und mit Touchscreen ausgestattet. Die Einschalttaste ist schwergängig genug, um versehentliches Ein- und Ausschalten zu verhindern. Über sie kann auch der Ruhezustand, was das Abschalten von Display und Touchscreen meint, sowie die Helligkeit der Hintergrundbeleuchtung und die Lautstärke geregelt werden.
An der linken Seite sind zwei zusätzliche Tasten angebracht, die standardmäßig mit „Wegpunkt markieren“ und Kamera-Modus belegt sind. Das Zuweisen beliebiger anderer Funktionen ist problemlos möglich. Auch wieder mit von der Partie ist die große Öse für einen kleinen Karabiner oder Schlüsselband nach Wahl. Wie es sich für ein Outdoor-GPS gehört, ist es wasserdicht nach IPX7.
Betrieben wird es mit zwei AA-Zellen, laut Magellan ausreichend für 16 Stunden, bei unseren Tests reichten zwei Eneloop-Akkus mit 2000 mAh Kapazität bei eingeschalteten Sensoren 7 Stunden, ohne diese 9 Stunden.
Die verarbeiteten Kunststoffe machen einen hochwertigen Eindruck. Ebenso der Verschluss des Batteriedeckels, der mit einer zusätzlichen Gummidichtung ausgestattet ist, die allerdings manchmal beim Öffnen am Deckel hängen bleibt. Der Deckel schließt sehr gut ab, sodass es Schmutz und Co. schwer haben in die Ritzen zu gelangen. Sehr schön auch die in der Rückseite versenkte Kameralinse der 3,2-Megapixel-Kamera. Bei abgenommenem Batteriedeckel ist die Kunststoffscheibe frei zugänglich und kann gut gesäubert werden. Ebenfalls auf der Rückseite untergebracht ist der Lautsprecher. Der Deckel ist mit der üblichen Schiene für Befestigung an Halterungen versehen. Diese können mit etwas Geschick auch selbst gebastelt werden und sind zu einigen Mio-Geräten kompatibel.
Mit 195 Gramm (ohne Batterien) ist das eXplorist 710 kein Leichtgewicht und mit 6,5 x 12,8 x 3,7 cm etwas größer als die Konkurrenz, könnte folglich von zierlichen Damenhänden als etwas groß empfunden werden.
Der Anschluss für den Mini-USB erfolgt bauartbedingt in einem 45°-Winkel von unten. Hier ist beim Ablegen etwas Vorsicht geboten, um nicht Buchse oder Kabel zu beschädigen. Das 3-Zoll-Display ist versenkt, sodass es auch beim Ablegen mit dieser Seite nach unten nicht gleich zerkratzt wird. Mit einer Auflösung von 240 x 400 Pixeln hat es die gleiche Auflösung wie die Oregons von Garmin. Dadurch lassen sich ohne Editieraufwand schon bestehende Codetabellen verwenden, besonders interessant, wenn in diese schon ein Maßband integriert/gepixelt wurde. Die Darstellung ist gestochen scharf, aber ohne Hintergrundbeleuchtung nur im richtigen Winkel zum Licht gut ablesbar, aber das ist ja schon von den Mitbewerbern bekannt. Entgegen Garmins Oregons ist es jedoch schon auf der niedrigsten Stufe der Hintergrundbeleuchtung sehr gut ablesbar.
Im oberen Bereich des Bildschirms befindet sich immer eine kleine Statusleiste, die Auskunft über Batteriestand oder externe Stromversorgung, Hintergrundbeleuchtung, Uhrzeit, Trackaufzeichnung und GPS-Signal gibt. Ist der elektronische Dreiachsen-Kompass in Betrieb, so wird er durch ein weißes Symbol dargestellt. Besonders interessant: Bedarf er einer Kalibrierung, wird dies durch ein gelbes oder dann rotes Kompasssymbol signalisiert (Screenshot1, nächste Seite). Beim Kalibrieren wird er in der Form einer Acht bewegt, bis ein akustisches Signal den Erfolg bestätigt, also ohne umständliches Drehen um alle drei Achsen. In den Einstellungen kann definiert werden, ob er genutzt werden soll und ab Unterschreiten welcher Geschwindigkeit.
Die intuitive Menüführung, wie Magellan sie verspricht, kann nur als gelungen bezeichnet werden. Mit einer Berührung auf dem Bildschirm öffnen sich in allen vier Ecken Buttons:
– Oben links können verschiedene Funktionen wie Kompass, Straße, Band, Satelliten, Barometer, Höhenmesser, Übersicht, nur Daten und Profile gewählt werden.
– Unten links ist die Suchfunktion beziehungsweise das Hauptmenü untergebracht.
– Unten rechts Optionen wie Wegpunkt hinzufügen, in der Nähe suchen, Track speichern, Track anhalten, Backtrack, Trackübersicht, verschiedene Resets, Karten und Kartenoptionen, Datenfelder u.v.m.
Besonders hervorzuheben ist das One-Touch-Favoritenmenü oben rechts, hier können je nach Belieben zwölf verschiedene Suchkriterien oder Funktionen verknüpft werden.
Wird die Karte ein wenig verschoben, kann man auf einzelne Punkte klicken und bekommt eine Kurzinfo angezeigt (Screenshot3). Bei Caches zum Beispiel Name, Difficulty, Terrain, Größe, Typ, Richtung und Entfernung. Wird auf diese Kurzinfo getippt, bekommt man das komplette Geocaching Listing. Genügen einem die Kurzinfos, tippt man rechts auf den orangefarbenen Play/Los-Button – und die Navigation wird sofort gestartet. Wie schon vom kleinen Bruder bekannt, kann ein Kompass über die Karte gelegt werden. (Screenshot2)
Wie einige Mitbewerber verfügt das eXplorist 710 auch über verschiedene Profile, die nach Bedarf gewählt werden können. Hinter dem Profil Fahrzeug verbirgt sich ein weiteres Highlight: hier hat Magellan ein vollwertiges Kfz-Routing spendiert, also kein Gepiepse mehr, sondern entsprechende, von der “Steffi” gesprochene Hinweise. Diese ist mitunter sehr fürsorglich und weist bei einigen Autobahnkreuzen auf das „weiterhin geradeaus“ hin. Aufgrund des rückseitig verbauten Lautsprechers wird sie mancher möglicherweise als etwas leise empfinden.
An Kartenmaterial bringt das eXplorist 710 eine routingfähige NAVTEQ-Straßenkarte, die Summit-Serie Europa und City-Serie Europa mit. Eine Schattierung des Geländes ist ebenso möglich wie eine 3-D-Darstellung. Optional können auch OSM-Karten von www.maps4me.net installiert werden. (Screenshot5+6)
Mit der 3,2-Megapixel-Kamera können Bilder bis zu 2048 x 1536 Pixeln aufgenommen werden. Qualitativ sind diese bei normalen Lichtverhältnissen gut, jedoch mangels Blitz oder zuschaltbaren LEDs ab der Dämmerung kaum mehr zu gebrauchen – auch da sind andere nicht besser! Die Bilder, die als JPG abgelegt werden, werden mit den jeweiligen Koordinaten georeferenziert und können an Geocaches oder Wegpunkte angehängt werden.
Selbstverständlich können sie auch vor Ort mit dem integrierten Viewer betrachtet werden, der auch PNG anzeigt, das Format in dem die Screenshots abgelegt werden. Ebenso praktisch: die Videofunktion (320 x 240 Pixel in MPEG4) und der Videoplayer. Außerdem redet der eXplorist nicht nur mit dem Cacher, sondern kann auch Sprachmemos (AMR) aufnehmen! So entfällt das lästige Eintragen von Codeschnipseln bei Multi-Caches in eine Kladde oder umständliches Abspeichern in das Kommentarfeld eines Wegpunktes – einfach Sprachmemo aufnehmen, fertig!
Als Windows-CE-Gerät benötigt der eXplorist 710 zirka eine Minute zum Hochfahren, was hier nicht unüblich ist. Wenn die Datenbanken indiziert werden müssen, können es auch schon mal zwei Minuten werden. Von den 7,35 GB Speicher stehen 4 GB für User-Daten zur Verfügung, und reichen diese mal nicht mehr aus, kann der eXplorist mit einer Micro-SD-Karte erweitert werden.
Es können 2.000 Wegpunkte und 10.000 Geocaches abgelegt werden, die mit der Suchfunktion nach Herzenslust gefiltert werden können. An Tracks können 200 zu 10.000 Trackpunkten gespeichert werden.
Einige Besonderheiten, die positiv aufgefallen sind: Man kann sowohl ein primäres als auch ein sekundäres Koordinatensystem einstellen. Klickt man einen Punkt auf der Karte an oder editiert einen Wegpunkt und betätigt den Button „Position“, kann man mit den zwei unterschiedlichen Koordinatensystemen gleichzeitig arbeiten, etwa wenn man fix mal die aktuellen Infos eines Caches mittels der GC-WAP-Anwendung aufrufen möchte, die bei der Koordinateneingabe Grad und Dezimalgrad fordert. Oder auf Wanderwegen, wo oft mit UTM gearbeitet wird. Also kein lästiges Hin- und Herschalten zwischen den verschiedenen Systemen mehr (Screenshot4). Zwar muss der Cacher bei der Eingabe der Koordinaten einen Schritt mehr schalten als beim Garmin Oregon üblich, auch ist die Eingabestelle im Menü Wegpunkte gegenüber Garmin nicht wirklich intuitiv aber die Koordinaten, die ich eingegeben habe, sind dafür gespeichert. Das ist ein Vorteil. Bei der Höhenangabe besteht die Möglichkeit, die Quellen barometrischer Höhenmesser, GPS oder auch Karte zu wählen.
Fazit: Für 549 Euro erhält der Geocacher neben einem vollwertigen Outdoor-GPS noch eine Kamera, Videokamera, ein Diktiergerät sowie ein integriertes vollwertiges Straßen-Navi mit vorinstalliertem Kartenmaterial und Sprachausgabe – man darf gespannt sein, wie die Antwort der Mitbewerber auf das neue Magellan lautet.