Outdoor-Klassiker neu aufgelegt
Lange haben wir auf den Nachfolger des legendären GPSMap 60 gewartet, gab es doch schon Befürchtungen, dass Garmin nur noch Touchscreen-Geräte auf den Markt bringt. Für die Freunde der Tastenbedienung ist das Bangen nun vorbei. Seit Sommer ist ein Nachfolger für den Outdoor-Klassiker auf dem Markt. Was kann es mehr und was kann es weniger als das „60er“. Markus Gründel hat beide verglichen.
Auf den ersten Blick ist die Verwandtschaft mit der 60er-Serie klar zu erkennen. Weggelassen wurde die Öse an der Antenne, die ja bei vielen Cachern schon am Anfang der Nutzung durchgerissen ist – und als Aufhängevorrichtung eigentlich nie geeignet war. Dafür hat es unten am Gehäuse jetzt eine erstzunehmende Kunststofföse bekommen, die nicht so schnell kaputt gehen dürfte. Die runden Tasten sind eckigen gewichen und das Gehäuse ist fast komplett gummiert.
Bei jedem Gerät der 62er-Familie ist eine andere Kontrastfarbe in das Gehäuse eingearbeitet worden. So ist das 62er Standardmodell gelb, beim 62s mit elektronischem Drei-Achsen-Kompass und barometrischem Höhenmesser ist die Schmuckfarbe Orange, und das vorliegende 62st mit der topografischen
1:100.000-Karte für ganz Europa hält sich im dezenten grau.
Bezüglich der vorinstallierten Karte war ich anfangs sehr skeptisch, ob sich der Preis von 80 Euro hierfür wirklich lohnt, da es doch immer besseres Kartenmaterial von OpenStreetMap zum freien Download gibt. Ich muss sagen, nach einigen Wanderungen in eher abgelegenen Gebieten in D und DK bin ich über den Detailgehalt dieser Karte doch positiv überrascht und kann für jeden, der in Europa unterwegs ist und sich nicht ständig neues Kartenmaterial kaufen oder aus dem Netz laden will oder gar nicht diesbezüglich groß mit dem Rechner agieren mag, die Investition der 80 Euro durchaus empfehlen.
Aber zurück zur Haptik: Durch die Gummierung liegt es gut und „rutschsicherer“ wie sein Vorgänger in der Hand. Allerdings bin ich gespannt wie das Gerät nach längerem intensiven Einsatz ausschauen mag – habe ich doch schon viele 60er gesehen, bei denen die Gummierung, die lediglich unten am Gehäuse angebracht war, deutlich gelitten hat und aussah wie der Radiergummi eines Erstklässlers.
Auffällig ist ein Knarren, wenn man das Gerät mal etwas fester in die Hand nimmt. Dies hat es bei den 60ern nicht gegeben. Der Einschaltknopf ist von oben an die rechte Seite gewandert, dadurch ist er leichter mit einer Hand zu bedienen. Allerdings ist die Gefahr des versehentlichen Einschaltens im Rucksack, weil gerade wieder etwas an diese prominente Stelle drückt, doch deutlich höher.
Der Batteriefachdeckel erinnert auch stark an den Vorgänger, ist jedoch an das Befestigungssystem, welches Garmin mit dem Colorado eingeführt hat, angepasst worden. Die Batterien sitzen sehr stramm, was sich auch nach zweimonatigem Gebrauch nicht wesentlich verbessert hat. Eine Sache – man mag jetzt drüber lächeln – die mich sehr stört, ist, dass die Batterien genau anders herum ins Fach gelegt werden, als von allen anderen Garmins (ausgenommen das “78”) gewohnt. Ich habe den Batteriewechsel immer blind gemacht und muss jetzt den Kopf dafür anstrengen. Oberhalb des Batteriefaches sind die Anschlüsse für USB und externe Antenne (nur 62s und 62st) mittels MCX unter einer Gummilasche verborgen, die einen guten Eindruck in Sachen Wasserfestigkeit macht. Nicht mehr mit von der Partie ist die serielle Schnittstelle.
Das Display entspricht der Grö-ße des Vorgängers, ist jedoch einen Tick dunkler, so muss ich schon in der Dämmerung auf die Hintergrundbeleuchtung zurückgreifen, was ich beim 60er erst des Nachts machen musste. Dafür ist die Beleuchtung auf der hellsten Stufe deutlich stärker geworden.
Die Menüführung ist stark dem 60er angeglichen, wurde aber um viele Features, die von Oregon und Dakota bekannt sind, ergänzt. So ist ein Paperless-Geocachen (bis 5.000 Caches als GPX-Datei) möglich, der Support von selbst erstellten Rasterkarten und Satellitenbildern integriert, verschiedene Karten-Daten-Dateien können nebeneinander abgelegt werden, die plastische Kartendarstellung (so vom Kartenmaterial unterstützt) vom Gelände kann ausgewählt werden (was das Display dunkler macht), verschiedene Profile für Freizeit, Kfz, Geocaching, Marine können eingestellt, editiert und erstellt werden, und es können POIs mit Fotos angezeigt werden. CustomSymbols, also benutzerdefinierte Icons von Wegpunkten, werden unterstützt. Zu beachten gilt, dass die einzelnen Icons als BMP nun mit einer 24-Bit-Farbtiefe gespeichert werden müssen (bei den älteren GPS betrug sie lediglich 8-Bit). Auf das Löschen von Wegpunkten anhand des Symbols wird auch weiterhin verzichtet. Leider hat Garmin keinen Picture-Viewer wie bei den Oregons und Colorado spendiert, den Viele für Spoilerbilder (Abhilfe schafft der Cache2POI-Frosch unter www.gummiseelen.de) und Decodierungstabellen lieb gewonnen haben.
Wie bei vielen neuen Geräten hapert es ein wenig an der Übersetzung der Menüführung in die deutsche Sprache. So ist bei vielen deutschen Begriffen ein unnötiges Leerzeichen im Wort, was komisch aussieht, aber sicher irgendwann mit einem Firmwareupdate behoben werden kann. Wer nicht so lange warten mag, kann die german.gtt mit einem einfachen Texteditor entsprechend anpassen – natürlich vorher die Originaldatei sichern!
Auch sind solche lustigen Übersetzungen wie bei der Kompass-Seite zu finden: Dort gibt es die Kürzel NO wie Nordost und SE wie South-East – etwas einheitlicher wäre schon schön. Einige Schritte in der Bedienung sind leider nicht in die neue Familie übernommen worden: So steht bei der kurzen Tastenfolge Find-Find, die in das Menü mit den zuletzt gefundenen Elementen führt, nicht mehr der letzte abgespeicherte Wegpunkt zur Verfügung – wichtig bei Multi-Caches – dafür gibt es aber die neue Geocaching-Funktion. Auch der lange Tastendruck auf die Page-Taste, womit der elektronische Kompass an- und abgeschaltet werden konnte, ist nicht mehr. Geblieben ist immerhin das Menü-Menü, das ohne Umwege ins das Hauptmenü führt. Wer in der Kartenansicht bei den älteren GPS den Kreis um die Position mit dem Radius der Ungenauigkeit mag, wird diesen vermissen. Dafür kann das 62er Annäherungsalarme wieder grafisch darstellen (was ja zur Schnittpunktberechnung einiger Mystery- und Bonuscaches notwendig ist), wenn auch zur Zeit nur in Meilen – hier sehe ich seitens der Programmierung noch etwas Potenzial. Generell empfinde ich den Aufbau der Karte beim Verschieben als langsam. Auch das Bewegen des Cursors auf einen Punkt und das Anzeigen der dort hinterlegten Information dauert länger als vom Vorgänger gewohnt, besonders, wenn an dieser Stelle mehrere Informationen hinterlegt sind.
Und dann ist da noch die Sache mit dem Höhenmesser. Wenn man das GPS auf der Höhe zwischen Wipptaste und Garmin-Schriftzug drückt, dann ändert sich oft die Höhe sprunghaft um einige Dutzend Meter. Gut, wer drückt denn das Gerät absichtlich an dieser Stelle, könnte man fragen? Ich wäre darauf nicht gekommen, aber es ist eine Sache, die durchaus kontrovers in den Foren diskutiert wird. Was die Empfangsqualität angeht, konnte ich bisher keine signifikanten Unterschiede zu den Vorgängern (ohne den Sirf III) feststellen.
Fazit: Wer sich mit dem Gedanken der Neuanschaffung trägt, Tastengeräte mag und den kleine Kinderkrankheiten nicht stören, muss sich nicht groß vom 60er auf das 62er umgewöhnen. Er bekommt dafür viele neue Features, die das Cacherleben vereinfachen. Die empfohlenen Verkaufspreise liegen bei 299,– Euro (GPSmap 62), 399,– Euro GPSmap 62s) und 479,– Euro für das Top-Gerät GPSmap 62st.