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Verschlüsselungen bei Mystery Caches: Geheimschriften (Teil 1)

Wer einen Mystery-Cache aufspüren will, muss häufig eine Verschlüsselung lösen. Doch das ist gar nicht so einfach, wenn man noch nie damit zu tun hatte. In einer kleinen Serie erklären wir euch unterschiedliche Verschlüsselungen und wie ihr sie löst. Los geht es in diesem Teil mit Geheimschriften entschlüsseln.

Das erste Rätsel: Geheimschriften entschlüsseln

Der französische Pirat Olivier Le Vasseur wurde auch „La Buse“ (der Bussard) genannt. Als er 1721 das mit großen Reichtümern beladene Schiff „Nossa Senhora do Cabo“ kaperte, stieg er zu einem der erfolgreichsten Seeräuber der Geschichte auf. Im Jahr 1730 war sein Weg jedoch zu Ende.

Er wurde auf Madagaskar verhaftet und kurz darauf gehängt. Kurz vor seiner Hinrichtung soll Le Vasseur einen Zettel in die Menge geworfen und dabei die Worte „Mein Schatz demjenigen, der dies versteht“ gesprochen haben.

Dieser in Geheimschrift verfasste Text soll von dem berüchtigten Piraten La Buse stammen und die Lage eines Schatzes verraten. Bisher hat diesen jedoch niemand gefunden.

Auf dem Zettel war ein verschlüsselter Text notiert. Bis heute versuchen Schatzsucher mit Hilfe dieser Botschaft den Ort ausfindig zu machen, an dem der legendäre Pirat seine Beute versteckt hat – bisher jedoch vergeblich.

Geheimschriften entschlüsseln: Unbekannte Buchstaben

Ob sich die Szene am Galgen damals tatsächlich so abspielte und ob Le Vasseur tatsächlich einen Schatz versteckt hat, lässt sich heute nicht mehr ermitteln. Sicher ist jedoch, dass bereits seit Jahrzehnten ein verschlüsselter Text kursiert, bei dem es sich um das Original des Piraten handeln soll. Die Verschlüsselung ist längst gelöst.

Die resultierende Botschaft ist allerdings nicht besonders ergiebig und hat bisher noch nicht dazu geführt, dass jemand den Schatz lokalisieren konnte. Uns soll daher auch weniger die Schatzsuche als vielmehr die Verschlüsselung interessieren. Der Verfasser des verschlüsselten Textes (also vielleicht der Pirat selbst) hat jeden Buchstaben des Alphabets durch ein für Uneingeweihte nicht verständliches Symbol ersetzt.

Titelbild Geocaching Magazin September/Oktober 2024

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Man bezeichnet so etwas auch als „Geheimschrift“. Allerdings ging der Seeräuber (oder wer auch immer der Urheber war) nicht besonders einfallsreich vor, denn er verwendete eine recht bekannte Geheimschrift: die sogenannte Pigpen-Verschlüsselung. Diese wurde unter anderem von den Freimaurern ausgiebig verwendet.

In Abbildung 1 ist zu sehen, wie dieses Verfahren zum Geheimschriften entschlüsseln funktioniert: Man kann die Verschlüsselung einfach abwandeln, indem man das Alphabet in geänderter Reihenfolge an die 26 Positionen schreibt. Im Falle des Piraten lautet die Reihenfolge BDF HIL NPR ACE GIK MOQ TWVX SYUZ.

Die Pigpen-Verschlüsselung ist nur eine von vielen Geheimschriften, die sich findige Köpfe im Laufe der Jahrhunderte ausgedacht haben. Das älteste bekannte Beispiel ist etwa 3.500 Jahre alt und bis heute werden neue Codes entwickelt.

Damals verwendete ein mesopotamischer Töpfer unübliche Keilschriftsymbole, um das Rezept einer Keramikglasur zu notieren. Vermutlich wollte er die Rezeptur damit vor den Augen der Konkurrenz verbergen.

Abbildung 2 zeigt als weiteres Beispiel eine Geheimschrift, die die heilige Hildegard von Bingen im 12. Jahrhundert verwendete. In Abbildung 3 ist die vom Österreicher Peter Lichtenberger entwickelte Scriptura Lucusaltiana zu sehen, die ebenfalls zum Geheimschriften entschlüsseln geeignet ist.

Sie ist vor allem für dekorative Zwecke gedacht. Und nicht zuletzt führt auch der Weg zu manchem Mystery-Cache über eine Geheimschrift (siehe Abbildung 4). In allen Fällen ist es natürlich möglich, eine Geheimschrift mit anderen Verschlüsselungsmethoden zu kombinieren.

Geheimschriften entschlüsseln: So geht’s

Und wie lässt sich eine Geheimschrift lösen? Sofern keine zusätzliche Verschlüsselung im Spiel ist, ist dies relativ einfach. Geradezu trivial wird es, wenn der Dechiffrierer die Geheimschrift kennt. Die Pigpen-Verschlüsselung wird beispielsweise in zahlreichen Büchern und im Internet beschrieben.

Wenn der Verschlüsselnde die Buchstaben von A bis Z in der üblichen Reihenfolge in die Felder einträgt, muss der Codeknacker nicht lange überlegen. Über die Scriptura Lucusaltiana ist sogar ein ganzes Buch erschienen. Wer im Internet sucht, findet schnell weitere Beispiele. Vielleicht ist ja auch diejenige dabei, die ihr gerade knacken wollt.

geocache im wald
Einige Caches erfordern das Entschlüsseln von Codes, bevor geloggt werden kann.

Ein Cache-Versteckender oder ein sonstiger Verschlüsselnder wird es euch allerdings meist nicht ganz so leicht machen Geheimschriften entschlüsseln zu können und lieber eine weniger bekannte Geheimschrift nutzen. Doch auch in diesem Fall habt ihr einige Möglichkeiten.

Ihr könnt euch insbesondere die statistischen Eigenschaften geschriebener Sprache zunutze machen. Der häufigste Buchstabe der deutschen Sprache ist das E, gefolgt von N, I, S, R, A und T. Wer eine Eselsbrücke hierfür sucht, kann an eine Person namens Eni denken, die einen Rat gibt (Enis Rat).

Im Englischen ist das E ebenfalls der häufigste Buchstabe, gefolgt von T, A, O, I und N. Im Internet finden sich zahlreiche weitere Statistiken für andere Sprachen nebst den jeweiligen Buchstabenhäufigkeiten in Prozent. Einen deutschen Text, bestehend aus mindestens 100 Buchstaben könnt ihr meist knacken, indem ihr beispielsweise das E und das N sucht und die restlichen Buchstaben ratet.

Manchmal tut euch der Verschlüsselnde den Gefallen, dass er oder sie die Wortzwischenräume nicht unkenntlich macht. In diesem Fall wird das Dechiffrieren und Geheimschriften entschlüsseln deutlich einfacher. Zum einen deshalb, weil es auch Statistiken über die Häufigkeiten der Anfangsbuchstaben einer bestimmten Sprache gibt.

Im Deutschen ist beispielsweise das D der häufigste Buchstabe am Wort-Anfang, was an gängigen Wörtern wie „der“, „die“, „das“ und „dieser“ liegt. Das E belegt in dieser Statistik hinter dem S nur den dritten Platz. Zum anderen ergibt sich bei erkennbaren Wortzwischenräumen ein weiterer Ansatzpunkt für den Dechiffrierer: das Erkennen einzelner Wörter.

Im Englischen ist das häufig recht einfach: Dort gibt es mit „I“ und „a“ zwei gängige Wörter, die aus nur einem Buchstaben bestehen und daher leicht zu erraten sind. Im Deutschen sind häufig „an“, „um“, „ob“ und einige andere Zwei-Buchstaben-Wörter hilfreich. Da im Geocaching häufig Zahlen verschlüsselt werden, könnt ihr oft nach Wörtern wie EINS oder ZWEI Ausschau halten. Das Zahlwort FUENF fällt manchmal auf, weil es am Anfang und am Ende denselben Buchstaben hat.

Mit diesem Handwerkszeug ausgestattet, müsstet ihr eigentlich gut vorbereitet sein, die Aufgabe zum Geheimschriften entschlüsseln im Kasten auf der nächsten Seite zu lösen. Wenn euch das Buchstabenzählen von Hand zu mühsam ist, dann empfehlen wir euch die kostenlose Software CrypTool.

Online Tools, wie CrypTool helfen dir Dechiffrierungen schneller zu lösen. (Quelle: cryptool.org)

Dieses Tool bietet über 60 Werkzeuge aus der Welt der Verschlüsselungstechnik – darunter zahlreiche Verschlüsselungsverfahren. Es unterstützt jedoch auch einige Methoden zum Knacken von Verschlüsselungen, darunter eine Buchstabenzählfunktion.

In einem anderen Teil dieser Serie gehen wir noch genauer auf CrypTool ein. Wenn ihr einen Geheimtext damit analysieren wollt, dann müsst ihr ihn zuerst abtippen – was bei einer Geheimschrift naturgemäß schwierig ist.

Es bietet sich daher an, für jeden Geheimschriftbuchstaben willkürlich einen Buchstaben des Alphabets zu wählen. Auf die Häufigkeiten und auf die Wortlängen hat dies absolut keinen Einfluss. Insgesamt sind Geheimschriften mit den gezeigten Methoden relativ einfach zu lösen.

Viele Rätselautor:innen verwenden daher zusätzlich noch eine weitere Verschlüsselung. Oder sie fügen bedeutungslose Zeichen ein, oder sie verwenden für einen Buchstaben mehrere Geheimzeichen abwechselnd, oder sie unterscheiden zwischen Groß- und Kleinschreibung. Sie machen dem Dechiffrierenden zwar das Leben deutlich schwerer, doch unknackbar wird eine Verschlüsselung dadurch nicht.

Geheimschriften entschlüsseln: Das ungelöste Rätsel

Abschließen haben wir noch eine berühmte Geheimschrift-Nachricht, die der britische Komponist Edward Elgar (1857-1934) hinterlassen hat. Diese ist bis heute ungelöst und schon der erste Blick auf die Chiffre lässt erahnen warum.

Die berühmte Dorabella-Chiffre ist seit über 100 Jahren ungelöst. Niemand weiß, was sich hinter diesen Geheimschrift-Buchstaben verbirgt.

Sie wird Dorabella-Chiffre genannt. Wie in der Abbildung hier zu sehen ist, füllt sie gerade mal drei Zeilen. Offensichtlich hat Elgar nicht einfach die Buchstaben des Alphabets in Geheimzeichen umgewandelt, sondern zusätzliche Tricks angewendet. Welche Tricks dies waren, ist bislang leider unbekannt. Die Dorabella-Chiffre ist deshalb bis heute ein ungelöstes Rätsel.


Geocaching Magazin 03/2011

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